Das neue Jahr bringt eine wesentliche Änderung für den Fondsbereich: Seit dem 1. Januar 2023 müssen Kapitalverwaltungsgesellschaften („KVG“) für Investmentvermögen, die an Privatanleger und semi-professionelle Anleger vertrieben werden, zwingend ein PRIIPs-Basisinformationsblatt („BIB“) erstellen. Die Abkürzung PRIIP steht für Packaged Retail and Insurance-Based Investment Products („PRIIP“) (verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte).
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) hat schon vor dem 1. Januar 2023 die freiwillige Erstellung von BIB für den Vertrieb von Investmentvermögen an Privatanleger und semi-professionelle Anleger zugelassen, sodass bereits im vergangenen Jahr erste BIB für Investmentfonds genehmigt und veröffentlicht worden sind. Gleichzeitig steckt das BIB noch in den Kinderschuhen, sodass sich die Verwaltungspraxis der BaFin noch im Fluss befindet. Das letzte Wort ist hier sicherlich noch nicht gesprochen.
Bis dato erlaubte die EU-Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte („PRIIPs-Verordnung“) – die bereits seit dem 1. Januar 2018 in Kraft ist – für Investmentfonds weiterhin die Erstellung von wesentlichen Anlegerinformationen (wAI).
Zum 1. Januar 2023 ist nun die Pflicht zur Erstellung von wAI und damit auch die Möglichkeit zur freiwilligen Erstellung von wAI für den Vertrieb von Investmentvermögen an Privatanleger und semi-professionelle Anleger entfallen. In der Konsequenz ist die Erstellung eines BIB, welches interessierten Anlegern kostenlos – und grundsätzlich in Papierform – rechtzeitig vor Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen ist, zwingend für:
Die die PRIIPS-Verordnung flankierenden technischen Regulierungsstandards enthalten zahlreiche Detailregelungen sowie teils voneinander abweichende Regelungen für offene oder geschlossene OGAW und/oder AIF. Daraus folgen – teils bereits geklärte, teils noch zu klärende – Anwendungsfragen für die Praxis.
Keine Darstellung von mehreren Performance Szenarien im BIB für geschlossene Fonds
Ein Beispiel ist die Darstellung nur eines sog. Performance Szenarios im BIB für geschlossene Fonds. Grundsätzlich sehen die technischen Regulierungsstandards für PRIIP mit einer empfohlenen Haltedauer zwischen einem und zehn Jahren die Darstellung von mehreren Performance Szenarien für unterschiedliche Haltedauern vor. Davon abweichend, lässt sich einer Verweiskette der technischen Regulierungsstandards aber entnehmen, dass ausnahmsweise bei geschlossenen Fonds eine Darstellung der Performance-Szenarien tatsächlich nur zum Ende der empfohlenen Haltedauer erforderlich sein dürfte. In der Konsequenz dürfte – auch nach Ansicht der BaFin – für BIB für geschlossene Fonds die Darstellung eines Performance Szenarios ausreichend sein.
Hintergrund ist nicht zuletzt, dass nur dieses Ergebnis auch aus Anlegerschutzgesichtspunkten sinnvoll ist, da Anlegern ansonsten – bei Darstellung auch anderer Haltedauern – fälschlicherweise der Eindruck vermittelt würde, dass ein Ausstieg aus dem Investment vor Ablauf der empfohlenen Haltedauer möglich wäre – was bei einem geschlossenen Fonds naturgemäß gerade nicht der Fall ist.
Den Hersteller des BIB treffen auch nach Erstellung des BIB laufende Pflichten. Er muss das BIB auf seiner Website mindestens einmal jährlich überprüfen und dementsprechend aktualisieren. Im Grundsatz gilt folglich eine mindestens jährliche Überprüfungs- und Aktualisierungspflicht.
Daneben tritt eine durchgehende anlassbezogene Überprüfungs- und Aktualisierungspflicht – auch unabhängig vom Ablauf von zwölf Monaten – bei „jeder Änderung, die sich tatsächlich oder wahrscheinlich erheblich auf die im Basisinformationsblatt enthaltenen Informationen auswirkt […]“ (Art. 15 Abs. 1 Delegierte Verordnung), aus der ggfls. eine unverzügliche Aktualisierungspflicht des BIB resultieren kann.
Das BIB soll es Kleinanlegern (in diesem Sinne Privatanleger und semi-professionelle Anleger) in der EU ermöglichen, die grundlegenden Merkmale und Risiken von PRIIP besser zu verstehen, damit diese eine informierte Anlageentscheidung treffen können. Eine umfassende Standardisierung von Informationen erscheint vor diesem Hintergrund grundsätzlich sinnvoll. Allerdings scheint der Gesetzgeber mit Blick auf diese Standardisierung zum Teil die Besonderheiten von u.a. Investmentfonds aus den Augen verloren haben. In der Folge muss ein BIB zum Teil zwingend Angaben enthalten, die für den Anleger eher verwirrend als informierend sein dürften.
Im Übrigen ist die Erstellung von BIB sicherlich eine zu bewältigende Aufgabe, wobei für Betroffene, die bislang lediglich wAI erstellt haben und die ihre Investmentfonds weiterhin an Privatanleger und semi-professionelle Anleger vertreiben wollen, nun dringender Handlungsbedarf besteht.