Bundesregierung will Fondsstandort Deutschland stärken – aber bloß nicht zulasten des Anlegerschutzes!


Für Fonds und Fondsmanager könnte 2021 ein ereignisreiches Jahr werden – zumindest in regulatorischer Hinsicht - denn das Bundesministerium der Finanzen hat noch im Dezember 2020 zwei Referentenentwürfe veröffentlicht, die starke Auswirkungen auf die Fondsregulierung des KAGB und den deutschen Fondssektor haben dürften.

Fondsstandortgesetz

Bereits am 1. Dezember 2020 hat das Bundesministerium der Finanzen („BMF“) einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland (und zur Umsetzung europäischer Vorgaben) veröffentlicht („Fondsstandortgesetz“), am 20. Januar 2021 folgte der entsprechende Regierungsentwurf der Bundesregierung ohne wesentliche Änderungen. Mit dem Gesetz sollen bestehende Hindernisse für den deutschen Fondssektor weiter abgebaut und der Fondsstandort Deutschland wettbewerbsfähiger gemacht werden. Daneben werden europäische Vorgaben, etwa zum Pre-Marketing oder zur EU-Taxonomie-Verordnung bzw der EU-Offenlegungs-Verordnung umgesetzt.

Neue Produktmöglichkeiten

Der Entwurf für ein Fondsstandortgesetz sieht unter anderem vor, dass die Produktpalette des KAGB erweitert wird. So sollen nun auch Spezial-AIF als geschlossene Sondervermögen und geschlossene Master-Feeder-Fondsstrukturen für geschlossene Publikums-AIF aufgelegt werden können. Zudem sollen offene Infrastruktur-Sondervermögen Anlegern die Möglichkeit eröffnen, in bestimmte Infrastrukturprojekte zu investieren.

Vor allem die Ermöglichung der Rechtsform des Sondervermögens für Spezial-AIF ist eine echte Neuerung. Hier bedarf es dann keines  Gesellschaftsvertrages und Gesellschafterversammlungen mehr; zudem entfällt das Erfordernis einer Eintragung von Gesellschaftern im Handelsregister.

Digitalisierung auf dem Vormarsch

Auch im Hinblick auf die fortschreitende Digitalisierung will der Entwurf des Fondsstandortgesetzes einen weiteren Schritt gehen. So soll im KAGB an zahlreichen Stellen das Erfordernis der Schriftform durch die Textform ersetzt werden, sodass Erklärungen und Unterlagen nun auch oft in elektronischer Form eingereicht werden können und keine eigenhändige Unterschrift auf einem physischen Dokument oder eine qualifizierte elektronische Signatur mehr erforderlich ist. Darüber hinaus soll die Kommunikation der beteiligten Akteure wie Fondsmanagern, Verwahrstellen, Inhabern bedeutender Beteiligungen, etc. mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) in Zukunft grundsätzlich ausschließlich elektronisch erfolgen. Genutzt werden soll ein von der BaFin bereitzustellendes elektronisches Kommunikationsverfahren.

Diese geplanten Änderungen bringen vor allem in praktischer Hinsicht erhebliche Vorteile mit sich und dürften den Verwaltungsaufwand der beaufsichtigten Akteure erheblich senken. Zudem dürften Verfahren aufgrund der zukünftig gebotenen elektronischen Kommunikation schneller durchlaufen werden können. Abzuwarten bleibt, ob die für die Kommunikation mit der BaFin eine neue Kommunikationsplattform geschaffen wird oder die bestehenden Kommunikationssysteme (zB die bekannte Melde- und Veröffentlichungsplattform (MVP)) ausgebaut werden.

Steuerliche Erleichterungen

Als ein weiteres Hindernis für den deutschen Venture Capital-Fondsstandort wurden steuerliche Nachteile im internationalen Vergleich ausgemacht. Der Fondsstandortgesetz-Entwurf sieht daher unter anderem vor, dass die Verwaltung von Wagniskapitalfonds – der regulierte Verwalter erhält idR eine Verwaltungs-/Managementvergütung von dem VC-Fonds – von der Umsatzsteuer befreit wird; leider ohne weiter zu erläutern, welche Fonds konkret unter den Begriff des Wagniskapitalfonds fallen sollen.

Ein weiteres Ziel der Bundesregierung ist zudem die Förderung innovativer Beteiligungsformen und einer stärkeren Beteiligung von Arbeitnehmern am Produktivkapital der Volkswirtschaft. Besonders für Start-ups sei die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften über eine Beteiligung am Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist nun beabsichtigt, den steuerfreien Höchstbetrag für Vermögensbeteiligungen von Mitarbeitern mit Wirkung zum 1. Juli 2021 von EUR 360 auf EUR 720 anzuheben.

Anlegerschutzstärkungsgesetz

Im Zusammenhang mit der Schaffung eines attraktiveren Fondsstandortes in Deutschland ist aber auch ein anderer Referentenentwurf des BMF zu beachten. Kurz vor Weihnachten, am 22. Dezember 2020, hat das BMF seinen Referentenentwurf ein Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes („Anlegerschutzstärkungsgesetz“) veröffentlicht.

Inhaltich betrifft dieses neben zahlreichen verschärfenden Regelungen im Hinblick auf das Vermögensanlagengesetz (zB Verbot von Blind Pools und Eigenvertrieb von Vermögensanlagen) auch Vorgaben zum KAGB. Demnach sollen insbesondere § 2 Abs. 4a und Abs. 5 KAGB aufgehoben werden, die bisher auch für Publikumsfonds die Möglichkeit eröffneten, durch einen lediglich registrierten Fondsmanager verwaltet zu werden (sog. De-Minimis-Publikums-AIF). Im Sinne des Anlegerschutzes sollen diese Möglichkeiten zukünftig wegfallen, sodass Publikumsfonds zukünftig ohne Ausnahme der Vollregulierung durch das KAGB unterfallen werden.

Fazit

Der Gesetzgeber verspricht einige zukünftige Neuerungen in der Fondsregulierung, die durchaus das Potential haben, den Fondsstandort Deutschland zu stärken. Diese reichen von eher „praktischen“ Vorteilen wie der elektronischen Kommunikation bis hin zu maßgeblichen rechtlichen Neuerungen wie zusätzlichen Produktmöglichkeiten. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch, dass der Gesetzgeber auf der anderen Seite beabsichtigt, für einen stärkeren Anlegerschutz bisherige Produktmöglichkeiten wie – in der Praxis wohl selten vorkommende – De-Minimis-Publikums-AIF aufzugeben und damit möglicherweise die positiven Effekte des Fondsstandortgesetzes wieder eindämmt.

Wichtig dürfte natürlich die geplante Umsatzsteuerbefreiung für Manager von VC-Fonds sein.

Allerdings handelt es sich bei beiden Gesetzentwürfen lediglich um erste Entwürfe, sodass Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens, über die wir natürlich weiter berichten, abzuwarten bleiben.