Referentenentwurf des BMF – kurz vor Weihnachten keine Gnade für Finanzanlagenvermittler


Last-Minute-Weihnachtsgeschenke gefallen nicht immer: Am 23. Dezember 2019 veröffentlichte das Bundesfinanzministerium („BMF“) den Referentenentwurf für das „Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“ („Referentenentwurf“). Danach sollen ab dem Jahr 2021 Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater, die derzeit von den lokalen Industrie- und Handelskammern („IHK“) bzw. Gewerbeämtern beaufsichtigt werden, der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanz-dienstleistungsaufsicht („BaFin“) unterstellt werden. Bis zum 15. Januar 2020 kann sich die Branche noch zum Referentenentwurf äußern.

Wie alles begann – Eckpunktepapier und Maßnahmenpaket

Die Absicht, die Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater auf die BaFin zu übertragen, hatte das BMF bereits in seinem im Juli 2019 veröffentlichtenEckpunktepapier zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“ („Eckpunktepapier“) mitgeteilt – wir berichteten hier.

Aufgegriffen wurde die Übertragung der Aufsicht dann erneut als Teil des wenig später (15. August 2019) veröffentlichten gemeinsamen Maßnahmenpaketes des BMF und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz („BMJV“) („Maßnahmenpaketes“), über welches wir hier berichteten.

Durch die Übertragung der Aufsicht auf die BaFin soll – so heißt es in Eckpunktepapier und Maßnahmenpaket – eine „einheitliche und qualitativ hochwertige Finanzaufsicht im Bereich der Finanzanlagenvermittlung“ erreicht werden.

Umsetzung – Referentenentwurf

Einheitlicher Oberbegriff – einheitliches Aufsichtsregime

Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater sollen einheitlich als „Finanzanlagendienstleister“ definiert werden. Es soll drei Gruppen von Beaufsichtigten geben:

  • Finanzanlagendienstleister mit eigener Erlaubnis,
  • Vertriebsgesellschaften mit erweiterten Anforderungen und
  • vertraglich gebundene Vermittler ohne eigene Erlaubnis.

Im Eckpunktepapier wurde noch erwogen, ggf. nach Verabschiedung der Verordnung über Europäische Crowdfunding-Dienstleister („EU-Crowdfunding-Verordnung“) eine vierte Gruppe – Crowdfunding-Plattformen – vorzusehen. Diese Gruppe taucht im Referentenentwurf indes nicht auf.

Bislang existieren für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater im Wesentlichen zwei Aufsichtsregime – die Gewerbeordnung („GewO“) und die Finanzanlagenvermittlungsverordnung („FinVermV“). Während die GewO in erster Linie die Anforderungen an die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler bzw. Honorar-Finanzanlagenberater regelt, beinhaltet die FinVermV die mit der Erlaubnis verbundenen (Compliance-)Pflichten.

Die Regelungen aus GewO und FinVermV sollen nach dem Referentenentwurf nun weitestgehend – in einem komplett eigenen Abschnitt – im Wertpapierhandelsgesetz („WpHG“) geregelt werden.

Erlaubnisvoraussetzungen – Besonderheiten für Vertriebsgesellschaften

Die Voraussetzungen zur Erlangung einer Erlaubnis als Finanzanlagendienstleister sollen sich grundsätzlich nicht ändern: Nach wie vor müssen Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, eine Berufshaftpflichtversicherung sowie Sachkunde nachgewiesen werden.

Vertriebsgesellschaften sollen eine „erweiterte Erlaubnis“ benötigen: So muss der Erlaubnisantrag einer Vertriebsgesellschaft zusätzlich Angaben und Dokumente zu bedeutenden Beteiligungen an der Vertriebsgesellschaft und zur Geschäftsführung und Organisation der Vertriebsgesellschaft enthalten.

Daraus ergibt sich das Erfordernis besonderer Organisationspflichten für Vertriebsgesellschaften. Vertriebsgesellschaften sollen zum Teil den gleichen Pflichten unterliegen wie Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Insbesondere müssen Vertriebsgesellschaften über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation (insbesondere Risikomanagement) verfügen und die Geschäftsleiter der Vertriebsgesellschaft treffen besondere Prüfungs- und Überwachungspflichten.

Kosten – Erlaubnis wird teu(r)er, Prüfgebühren entfallen hingegen

Während sich die Gebühren für eine Erlaubnis aktuell je nach zuständiger IHK bzw. zuständigem Gewerbeamt unterscheiden, sieht der Referentenentwurf einheitliche Gebührentatbestände vor. Für Erlaubnisse als Finanzanlagendienstleister sollen EUR 1.590 an die BaFin zu löhnen sein, Vertriebsgesellschaften sollen mit EUR 2.485 dabei sein. Diese Gebühren lägen weit über den aktuell von den IHKen bzw. Gewerbeämtern vereinnahmten.

Bislang müssen Inhaber einer Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler oder Honorar-Finanzanlagenberater einmal jährlich auf eigene Kosten von (zB) einem Wirtschaftsprüfer dahingehend überprüft werden, ob sie ihre Verpflichtungen aus der FinVermV eingehalten haben. Diese Prüfungspflicht soll zukünftig entfallen. Stattdessen sollen künftig Selbsterklärungen der Finanzanlagendienstleister an die BaFin erfolgen. Im Referentenentwurf heißt es dazu, die betroffenen Unternehmen würden „in einem vergleichbaren Umfang [wie die neuen BaFin-Gebühren] entlastet, so dass es insoweit nicht zu einer erheblichen Mehrbelastung komm[e]“. Die bisherigen Prüfungsgebühren seien aber nicht bekannt, heißt es im Satz danach; eine Schätzung werde nachgereicht.

Stellungnahme bis zum 15. Januar möglich – und zu erwarten

Bis zum 15. Januar 2020 hat die Branche die Möglichkeit, sich zum Referentenentwurf zu äußern. Jedenfalls vom Bundesverband Finanzdienstleistung AfW („Bundesverband“) ist hier Gegenwind zu erwarten, trat dieser dem Vorhaben der Bundesregierung doch bereits in seinem Mitte März 2019 veröffentlichten Positionspapier deutlich entgegen: Der Bundesverband kritisiert in seinem Positionspapier die Verlagerung der Aufsicht auf die BaFin und fordert eine einheitliche Aufsicht gemäß GewO „unter dem Dach der IHKs“.

Der Bundesverband begründet seine Position nicht nur mit einer enormen Kostenbelastung sowie einer extremen bürokratischen Belastung für den Mittelstand. Damit bestünde die Gefahr, dass in etwa die Hälfte der unabhängigen Finanzanlagenvermittler ihre Erlaubnis zurückgeben und damit die produkt- und institutsunabhängige Beratung reduziert werden würde.

Auch rechnet der Bundesverband damit, dass die BaFin aufgrund der großen Anzahl an Finanzanlagenvermittler oder Honorar-Finanzanlagenberater (ca. 38.000) mit deren Beaufsichtigung überfordert sein könnte. Zudem entfalle die Beratungsfunktion, die derzeit vielen IHKen und Gewerbeämtern noch zukommt; diese bestünde bei der BaFin nicht, ihre Tätigkeit ist auf die Beaufsichtigung beschränkt.

Ausblick

Es dürfte wohl zu erwarten sein, dass der Regierungsentwurf nicht wesentlich von dem Referentenentwurf abweichen wird und daher die Eckpfeiler des neuen Gesetzes bereits stehen. In der Tat stünde die BaFin dann – jedenfalls mengenmäßig – vor einer großen Herausforderung.

Ob die Anzahl an Finanzanlagendienstleistern tatsächlich stark abnimmt, wird sich zeigen; immerhin sind die Erlaubnisanforderungen für diese nach wie vor deutlich geringer als für eine Erlaubnis als Finanzdienstleistungsinstitut oder gar als Bank.