Security Token: BaFin konkretisiert Wertpapierbegriff


Virtuelle Token lassen sich gemeinhin in drei Kategorien einteilen: „Payment-Token“, „Utility-Token“ und „Security Token“. Insbesondere letztere können unter Umständen aufsichtsrechtlich als Wertpapiere eingeordnet werden. Dass die BaFin kürzlich einen ersten Wertpapierprospekt bei einem Security Token Offering gebilligt hat, zeigt die wachsende Relevanz der (aufsichts-)rechtlichen Einordnung eines Token als Wertpapier.

Security Token Offerings („STOs“) gewinnen als kostengünstigere und flexiblere Alternative zum klassischen Börsengang, dem Initial Public Offering („IPO“), zunehmend an Bedeutung. Doch unter welchen Voraussetzungen ist ein „Security Token“ auch aufsichtsrechtlich als Wertpapier einzuordnen? Diese Frage beschäftigt vor allem die Praxis seit geraumer Zeit – insbesondere aufgrund einer möglichen Prospektpflicht. Auch die BaFin hat erkannt, dass ein Bedarf an einer Klärung von Abgrenzungsfragen besteht und hat erneut öffentlich dazu Stellung genommen.

Bisherige Stellungnahmen

Während sich die BaFin im November 2017 noch mit pauschalen Hinweisen auf die bestehenden gesetzlichen Vorgaben begnügte, wurde sie nach und nach konkreter.

So stellte sie Ende Februar 2018 klar, dass eine sprachliche Kategorisierung zwar einen Anhaltspunkt für die (aufsichts-)rechtliche Einordnung darstellen könne. Letztlich müssten aber die Voraussetzungen der einschlägigen aufsichtsrechtlichen Regelungen stets im Einzelfall geprüft werden. Die Einordnung eines Token als Wertpapier komme regelmäßig dann in Betracht, wenn der Token übertragbar und handelbar sei, mitgliedschaftliche oder schuldrechtliche Ansprüche verkörpere und nicht die Voraussetzungen eines Zahlungsinstruments erfülle – dies entspricht dem Wertpapierbegriff der MiFID II. Die BaFin stellte hier eindeutig klar, dass für die Handelbarkeit eines Tokens die Handelbarkeit an einer Kryptobörse ausreiche. Wie auch schon die Regierungsbegründung zum WpPG betont, sei zudem im Hinblick auf die Einordnung eines Token als Wertpapier keine physische Verbriefung notwendig. Die BaFin nimmt hier an, dass vielmehr die Dokumentation des jeweiligen Token-Inhabers auf der Blockchain ausreiche. Sie interpretiert den Anwendungsbereich der entsprechenden Vorschriften demnach sehr weit.

Ausführlich nahm die BaFin im Juli 2018 zur Wertpapiereigenschaft Stellung. Sie konkretisierte die Voraussetzungen für die Wertpapiereigenschaft weiter. Ausdrücklich bestätigte die BaFin, dass es auf Papier nicht ankomme. Eine eindeutige Zuordnung eines Token sei schon bei einer Adresse gegeben (wie der Private Key). Konkretisiert wurden sodann die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die die BaFin im Hinweisschreiben zunächst nur aufgezählt hatte:

  • „Übertragbarkeit“ setze voraus, dass der Token überhaupt technisch auf andere Nutzer übertragen werden könne. Der Token müsse bei Übertragung in seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt und seinem technischem Wesen unverändert bleiben. Beschränkungen bei der Zahl möglicher Übertragungen oder die Gestattung der Übertragung nur an privilegierte Nutzer könnten daher gegen eine Wertpapiereigenschaft sprechen.

 

  • „Handelbarkeit“ erfordere eine gattungsmäßige Standardisierung, d.h. die Token müssten nach Art und Zahl bestimmt werden (also „vertretbar“ im Sinne des BGB sein). Würden individuell unterschiedliche Rechte verkörpert, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Nach wie vor reiche die Handelbarkeit auf einer Kryptobörse aus, egal ob diese zentral oder dezentral organisiert sei. Auch die Verwahrfähigkeit der Token sei keine notwendige Voraussetzung für die Einordnung eines Token als Wertpapier.

 

  • Ausführlich äußerte sich die BaFin zu den Rechten, die ein Token verkörpern muss, um als Wertpapier eingestuft werden zu können. Die BaFin machte deutlich, dass die verkörperten mitgliedschaftlichen Rechte mit Aktien vergleichbar sein müssen. Ebenso müssten schuldrechtliche Ansprüche mit „Schuldtiteln“ im Sinne des Wertpapierrechts vergleichbar sein. Entscheidend sei hier eine finanzielle Gegenleistung für die Hingabe des Geldes durch den Investor. Dies dürfte vor allem die Zahlung von Zinsen oder die Gewährung einer Beteiligung am Erfolg des Unternehmens erfassen.

Im Gegensatz dazu stehe bei reinen Utility-Token der Bezug einer realwirtschaftlichen Dienstleistung oder Ware im Vordergrund, hier erfüllen die Token also nur eine Gutschein-Funktion. Müssen die Dienstleistungen oder Waren erst noch entwickelt werden, hängt es von den Anstrengungen der Emittentin ab, ob sich die in Aussicht gestellte Verwendungsmöglichkeit des Tokens realisiert. Der Token dient hier schwerpunktmäßig Finanzierungszwecken, sodass eine Gesamtschau der verkörperten Rechte für die Einordnung als Wertpapier sprechen kann.

  • Schließlich dürfe der Token nicht als reines Zahlungsinstrument einzuordnen sein. Ein solches (und damit kein Wertpapier) liege insbesondere dann vor, wenn mit dem Token bestimmungsgemäß nur Zahlungsvorgänge eingeleitet werden könnten.

Weitere Präzisierung durch BaFin

In der April-Ausgabe des BaFin-Journals präzisiert die BaFin vor allem die Tatbestandsmerkmale „Übertragbarkeit“ und „Handelbarkeit“. Sie macht deutlich, dass die gängigen Token-Standards ihrer Ansicht nach regelmäßig unproblematisch diese Voraussetzungen erfüllen würden. Auch klassische Vermögensanlagen könnten zu Wertpapieren „mutieren“, wenn sie durch die Verkörperung in einem Token standardisiert, frei übertragbar und handelbar gemacht würden.

Die BaFin betont zudem ihr äußert weites Verständnis eines Wertpapiers. Dieses unterscheidet sich maßgeblich vom zivilrechtlichen Wertpapierbegriff. Zum einen komme es nach Ansicht der BaFin bei der Übertragung der Token nicht auf die konkrete Art und Weise der Übertragung an. Der BaFin scheint es hier allein auf die tatsächliche Übertragbarkeit anzukommen, ohne Rücksicht darauf, wie genau die Übertragung zivilrechtlich erfolgt. Zum anderen sei auch ein zivilrechtlicher Gutglaubensschutz keine Voraussetzung für die aufsichtsrechtliche Einordnung eines Token als Wertpapier. Teilweise würde das mit dem Argument angenommen, nur so könne ein geordneter Ablauf und Handel am Finanzmarkt erfolgen. Mit ihrer Stellungnahme schiebt die BaFin in ihrer Verwaltungspraxis auch dieser Ansicht einen Riegel vor. Sie verweist darauf, dass weder MiFID II noch WpHG oder WpPG einen Gutglaubensschutz forderten.

Stellungnahme

Die konkretisierenden Stellungnahmen der BaFin sind insgesamt zu begrüßen. Auch wenn die Einordnung von Token in der Beratungspraxis nach wie vor oftmals sehr viel Liebe zum Detail erfordert, so wird dem Rechtsanwender in der Praxis doch vermehrt ein tauglicher Leitfaden an die Hand gegeben. Dass die BaFin sich immer wieder zu neuen Konkretisierungen genötigt sieht, lässt aber auch auf eine nach wie vor hohe Zahl an Anfragen bei der BaFin aufgrund bestehender Unklarheiten schließen. Da der Gesetzgeber bisher nicht sonderlich viel Initiative gezeigt hat, stellen die Publikationen der BaFin wohl auch in naher Zukunft eine wertvolle wie notwendige Informationsquelle für Marktteilnehmer dar.