Einstieg in die Regulierung der Kryptobranche in Deutschland


Das Bundesministerium der Finanzen („BMF“) hat kürzlich den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (EU) 2018/843 („RefE“) veröffentlicht. Mit dem Gesetzesvorhaben soll nicht nur die Umsetzung der aktuellen Geldwäscheänderungsrichtlinie (EU) 2018/843 („5. Geldwäscherichtlinie“) in nationales Recht erfolgen, sondern es sollen auch weitergehende Reformvorhaben umgesetzt werden. So sollen z. B. zusätzlich zur erforderlichen geldwäscherechtlichen Umsetzung auch „Kryptowerte“ als Finanzinstrumente und Wallet-Anbieter als Finanzdienstleistungsinstitute reguliert werden.

Nur kurz nach der Umsetzungsfrist der 4.Geldwäscherichtlinie zum 26. Juni 2017 wurde die Richtlinie mit der 5. Geldwäscherichtlinie vom 30. Mai 2018 bereits wieder geändert, um europaweit auf die terroristischen Anschläge von Paris und Brüssel sowie der Veröffentlichung der sog. „Panama Papers“ zu reagieren. Mit der 5. Geldwäscherichtlinie wurden die Vorgaben für die nationale Gesetzgebung zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung ausgeweitet.

Deutschland ist verpflichtet, die Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie bis zum 10. Januar 2020 vorzunehmen. Der kürzlich veröffentlichte RefE sieht nun Änderungen vor, die den Vorgaben der 5. Geldwäscherichtlinie entsprechen und teilweise – ganz im Sinne des typisch deutschen gold-plating – auch über den europäischen Regelungsrahmen hinausgehen. Überwiegend betrifft der RefE Änderungen des Geldwäschegesetzes („GwG“), aber auch (komplementäre) Änderungen des Kreditwesengesetzes („KWG“) sind vorgesehen.

Der RefE wurde nun den betroffenen Verbänden zur Konsultation und Stellungnahme übersendet. Es wird erwartet, dass die Bundesregierung sich Mitte Juni 2019 mit dem RefE befasst.

Erweiterung des Verpflichtetenkreises

Nach dem RefE wird der Anwendungsbereich des GwG um weitere geldwäscherechtlich Verpflichtete erweitert und konkretisiert. Für diese Berufsgruppen bedeutet dies, dass sie künftig Sorgfaltspflichten (insb. Identifizierung von Vertragspartnern, Abklärung wirtschaftlich Berechtigter, kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung) erfüllen, ein Risikomanagement einrichten und Verdachtsmeldungen abgeben müssen.

Erweiterung des Verpflichtetenkreises im Finanzsektor:

  • Umtauschplattformen, die Fiatwährungen (EUR, USD, RUB, etc.) in virtuelle Währungen und umgekehrt tauschen bzw. den Tausch virtueller Währungen untereinander anbieten

Nach Verwaltungspraxis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) stellen Kryptowährungen seit längerem Rechnungseinheiten iSv § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 KWG dar. Daher können Dienstleistungen in Bezug auf Kryptowährungen nach Auffassung der BaFin (trotz anderslautendem obergerichtlichen Urteil, dem die BaFin nicht folgte) als Finanzdienstleistungen qualifizieren und dementsprechend erlaubnispflichtig sein.

Nun sollen Kryptowerte nach dem RefE ausdrücklich als Finanzinstrumente ins KWG aufgenommen werden.

Kryptowerte sollen demzufolge definiert werden als (§ 1 Abs. 11 S. 3 KWG RefE)

digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird […]“.

Der Begriff des Kryptowertes wird von dem international üblichen Term „Crypto-Assets“ abgeleitet. Von dem Begriff sollen alle Formen von virtuellen Währungen und digitalen Werteinheiten (z.B. Token) erfasst werden. So sollen insbesondere Token, sog. Security Token und Payment oder Currency Token erfasst werden. Nicht erfasst werden sollen reine Utility Token, die als elektronischer Gutschein für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen dienen.

Bereits nach geltender Rechtslage können Kryptowährungen als Finanzinstrumente (insb. Vermögensanlagen, Schuldtitel, Anteile an Investmentvermögen oder Rechnungseinheiten) qualifizieren. Als Beispiel für einen allgemein bekannten Kryptowert, der als Rechnungseinheit qualifiziert, nennt der RefE selbst den Bitcoin.

Der Umtausch von Kryptowerten, die als Finanzinstrumente iSd KWG qualifizieren, kann deshalb auch bereits jetzt schon Bankgeschäft oder Finanzdienstleistung sein. So kann der Umtausch von Kryptowerten in gesetzliche Währung oder umgekehrt sowie in andere Kryptowerte z.B. Finanzkommissionsgeschäft, Eigenhandel oder den Betrieb eines multilateralen Handelssystems darstellen. Daher sind Krypto-Umtauschplattformen auch bereits aktuell regelmäßig Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsunternehmen und damit Verpflichtete nach dem GwG.

Mit dem Begriff des Kryptowertes im KWG würden folglich nicht mehr digitale Werteinheiten erfasst werden, als nach der geltenden Rechtslage und der gängigen Verwaltungspraxis der BaFin. Es ist daher anzunehmen, dass die Normierung des Begriffs Kryptowert als Finanzinstrument vielmehr die Verwaltungspraxis der BaFin klarstellend normieren soll und damit der Rechtssicherheit dienen soll.

  • Anbieter von elektronischen Geldbörsen (sog. Kryptowalletanbieter), mit denen virtuelle Währungen (z.B. Bitcoin) verwahrt werden

Bisher sind Dienstleister, die die Verwahrung von Kryptowerten anbieten, regelmäßig jedenfalls dann nicht erfasst, wenn die Kryptowerte nicht als Wertpapiere (ggf. Depotgeschäft) bzw. Wertpapiere (ausschließlich) für Investmentfonds (ggf. eingeschränktes Verwahrgeschäft) qualifizieren.

Künftig soll die Verwahrung, Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln für andere, die dazu dienen, Kryptowerte zu halten, zu speichern und zu übertragen, sog. Kryptoverwahrgeschäft darstellen.

Das Kryptoverwahrgeschäft soll als neue Finanzdienstleistung in das KWG eingeführt werden. Dienstleister, die das Kryptoverwahrgeschäft anbieten, wären demnach als erlaubnispflichtige Finanzdienstleister auch geldwäscherechtlich Verpflichtete.

  • Finanzunternehmen

Der RefE sieht vor, eine eigenständige Definition des Finanzunternehmens im GwG einzuführen. Damit soll der Begriff des Finanzunternehmens im GwG von der Definition im KWG losgelöst werden.

Finanzunternehmen iSd GwG sollen u.a. Unternehmen, deren Haupttätigkeit darin besteht, Geldforderungen entgeltlich mit Finanzierungsfunktion zu erwerben, sein.

Erfasst werden sollen auch Unternehmen, die entgeltlich Geldforderungen mit Finanzierungsfunktion erwerben. Bei Unternehmen, die den Forderungserwerb mit Finanzierungsfunktion (Factoring) erbringen, handelt es sich in der Regel um Finanzdienstleistungsinstitute nach dem KWG, die folglich bereits Verpflichtete sind. Der eigenständige Begriff des Finanzunternehmens iSd GwG soll jedoch weiter sein und auch solche Unternehmen umfassen, die Fälligkeitsfactoring – also den Erwerb von Forderungen ohne Finanzierungsfunktion – erbringen. Derzeit sind diese keine Verpflichteten, was zur Folge hat, dass der Kreis der Verpflichteten zusätzlich – und ohne regulatorische Notwendigkeit – aufgebläht würde.

  • Zahlungs- und E-Geld-Institute mit Sitz im Ausland, die im Inland über Agenten bzw. E-Geld-Agenten tätig warden

Bisher werden im Ausland ansässige Zahlungs- und E-Geld-Institute nicht vom Anwendungsbereich des GwG erfasst. Künftig sollen jedenfalls diejenigen Zahlungs- und E-Geld-Institute erfasst werden, die ihren Sitz in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben und im Inland über Agenten bzw. E-Geld-Agenten tätig werden. Mit der Erweiterung sollen künftig systemische Mängel bei der Umsetzung der GwG-Pflichten in einem Netz von Agenten direkt bei dem grenzüberschreitend tätigen Institut gerügt und ggf. sanktioniert werden. Mit einer solchen Änderung würde eine Abkehr von dem bisher für das GwG geltende „Sitzprinzip“, dass nur eine Person mit Sitz im Inland geldwäscherechtlich verpflichtet ist, eingeleitet werden.

Erweiterung des Verpflichtetenkreises im Nichtfinanzsektor:

  • Immobilienmakler, wenn sie Mietverträge mit einer monatlichen Miete von mindestens EUR 10.000 vermitteln und
  • Kunstlagerhalter, wenn sie Transaktionen im Wert von mindestens EUR 10.000 durchführen

Gruppenweite Pflichten

Künftig sollen auch solche Gruppenkonstellationen erfasst werden, in denen das Mutterunternehmen selbst nicht geldwäscherechtlich verpflichtet ist, sondern nur die gruppenangehörigen Unternehmen, Zweigstellen und Zweigniederlassungen. Durch die Neuregelung soll die Umgehung der gruppenweiten Pflichten verhindert werden. So soll es insbesondere nicht mehr möglich sein, eine Muttergesellschaft ohne operatives Geschäft, die selbst nicht Verpflichtete nach dem GwG ist, zu gründen, um die geldwäscherechtlichen Vorschriften zu umgehen. Allerdings ergibt sich dies nicht aus den im RefE geänderten Vorschriften, sondern lediglich aus der Gesetzesbegründung des RefE. Daher ist fraglich, inwieweit diese Konstellation in den Gesetzestext aufgenommen werden soll und welche Konstellationen konkret umfasst sein sollen.

Konkretisierung des Personenkreises der politisch exponierten Person

Um den Personenkreis der politisch exponierten Personen zu konkretisieren, bei dem erhöhte Sorgfaltspflichten gelten, hat jeder Mitgliedstaat der EU-Kommission bis Januar 2020 eine Liste mit den konkreten Funktionen und Ämtern zur Verfügung zu stellen, die erfasst werden sollen. Aus den Listen der Mitgliedstaaten wird die EU-Kommission eine gemeinsame Liste erstellen, auf die dann auch im GwG verwiesen werden soll.

Öffentlicher Zugang zum Transparenzregister

Das Transparenzregister soll künftig für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich sein. Allerdings soll das bisherige Verfahren zur Einsichtnahme beibehalten werden.

Verpflichtete und zuständige Behörden sollen gegenüber der registerführenden Stelle zur Meldung von Unstimmigkeiten, die ihnen nach Einsichtnahme in das Transparenzregister auffallen, verpflichtet sein. Zudem soll die Einholung eines Registrierungsnachweises oder Registerauszugs bei Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung mit registrierten Unternehmen vorgeschrieben werden.

Erweiterung der Bußgeldhaftung

Vorgesehen ist, dass der Bußgeldkatalog um weitere Tatbestände erweitert wird. Beabsichtigt ist wohl auch eine verstärkte Strafverfolgung dadurch zu erreichen, dass Aufsichtsbehörden verpflichtet werden, bei Anhaltspunkten für strafrechtliche Verstöße unverzüglich die Strafverfolgungsbehörden zu informieren.

Gestärkt werden sollen auch die Befugnisse der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (ua erweiterte Datenzugriffsbefugnisse). Allerdings sind entsprechende Regelungen noch nicht Teil des RefE, sondern sollen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Eingang in den Gesetzesentwurf finden.

Fazit

Überwiegend sieht der RefE Änderungen vor, die durch die 5. Geldwäscherichtlinie vorgegeben und damit europaweit verpflichtend bis zum 10. Januar 2020 umzusetzen sind. In dieser Hinsicht sind die Vorschläge des RefE folglich wenig überraschend. Umso mehr verwundern die gold plating Änderungsvorschläge, insbesondere die Einführung eines neuen Erlaubnistatbestandes im KWG für Kryptowalletanbieter und die Definition von Kryptowerten als Finanzinstrument.

Nach dem RefE soll gesetzlich klargestellt werden, dass virtuelle Einheiten, die der Definition von Kryptowerten entsprechen, immer als Finanzinstrumente iSd KWG zu qualifizieren sind. Wird der RefE in dieser Weise umgesetzt, dürften Geschäfte mit Kryptowerten künftig wohl in der Regel erlaubnispflichtig sein. Dies würde zwar zu Rechtsklarheit führen, indem insbesondere die Unstimmigkeit zwischen dem Kammergericht Berlin und der BaFin beigelegt wird. Inhaltlich ist jedoch keine große Änderung durch die Normierung von Kryptowerten als Finanzinstrumente zu erwarten, da nicht mehr Kryptowerte erfasst werden sollen als bisher von der Verwaltungspraxis der BaFin bereits erfasst werden.

Mit der geplanten Einführung des Kryptoverwahrgeschäfts würde eine neue Finanzdienstleistung geschaffen, die in der Branche wohl zu großem Anpassungsbedarf führen dürfte. So ist davon auszugehen, dass die meisten Kryptowalletanbieter keine Erlaubnis der BaFin innehaben. Für die Wallet Provider würde dies bedeuten, dass sie zum einen die grundsätzlich (hohen) Kapitalanforderungen des KWG an Finanzdienstleistungsinstitute wie auch die Mindestanforderungen an das Risikomanagement und an die ordnungsmäßige Geschäftsorganisation erfüllen müssten. Zum anderen müssten sie eine Struktur aufbauen, die es ihnen ermöglicht, den Anforderungen an Verpflichtete gerecht zu werden und insbesondere die allgemeinen Sorgfaltspflichten zu erfüllen.

Die erstmalige Einführung einer eigenständigen Definition des Finanzunternehmens in das GwG soll ein weites Begriffsverständnis ermöglichen und insbesondere auch Unternehmen erfassen, die vom Begriff des Finanzunternehmens im KWG nicht erfasst wurden. Dies würde insbesondere Unternehmen treffen, die das Fälligkeitsfactoring erbringen. Fraglich ist diese Änderung vor allem aus dem Grund, da das Fälligkeitsfactoring nach dem KWG bislang nicht erlaubnispflichtig ist.

Da es sich bei dem bislang vorliegenden RefE um Vorschläge zur Gesetzesänderung vom BMF handelt, wird abzuwarten sein, welche Änderung der Regierungsentwurf nach weiteren Konsultationen und Anhörungen von Verbänden vorsehen wird.