BVI und DK begrüßen erste Maßnahme zur Schaffung von elektronischen Wertpapieren


Sowohl BVI als auch DK haben in ihren Stellungnahmen den Plan der Bundesregierung, im Rahmen der Blockchain-Strategie zivil- und aufsichtsrechtlich die notwendigen Voraussetzungen für elektronische Wertpapiere zu schaffen, begrüßt und zeitgleich weitergehende Überlegungen angestellt. Derweil nimmt auch ein möglicher Gesetzesentwurf zu elektronischen Schuldverschreibungen offenbar noch vor der Sommerpause des Bundestages Gestalt an.

Die Stellungnahmen des BVI Bundesverband Investment und Asset Management („BVI“) und der Deutschen Kreditwirtschaft („DK“) beziehen sich auf das Papier „Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token“ („Eckpunktepapier“), das am 7. März 2019 vom Bundesministerium der Finanzen („BMF“) und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht wurde („BMJV“). Mit dem Eckpunktepapier verfolgen BMF und BMJV das Ziel, die Blockchain-Technologie auch für den Finanzmarkt zu erschließen. In diesem Zusammenhang soll der notwendige Rechtsrahmen für elektronische Wertpapiere geschaffen werden. Über Inhalt und Umfang des Eckpunktepapiers haben wir bereits in unserem Beitrag „Digitalisierung des deutschen Wertpapierrechts – BMF und BMJV bereiten den Weg für elektronische Wertpapiere“ berichtet.

Elektronische Wertpapiere sollen nach dem Eckpunktepapier nicht physisch verkörpert sein, sondern lediglich in digital dokumentierter Form bestehen.

Elektronische Wertpapiere auch in der Fondsbranche erwünscht

Stellvertretend für die Fondsbranche unterstützt der BVI die Pläne von BMF und BMJV elektronische Wertpapiere zu schaffen. So könnten die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie im Asset Management insbesondere bei der Ausgabe und beim Handel von Wertpapieren eine wesentliche Rolle spielen. So seien insbesondere auch Aktien und Fondsanteilsscheine als elektronische Wertpapiere denkbar. Damit geht die Forderung des BVI weiter als das Eckpunktepapier, welches den künftigen Regelungsumfang zunächst auf elektronische Schuldverschreibungen beschränkt.

Nach dem BVI müssten auch für elektronische Aktien und Fondsanteilscheine zivil- und aufsichtsrechtliche Regelungen getroffen werden, die den geltenden strengen Vorschriften entsprechen, damit die Fonds elektronische Wertpapiere z.B. im Rahmen eines Security Token Offerings („STO“) erwerben könnten. Erforderlich sei insbesondere die Änderung von Normen des KAGB, die derzeit noch eine Urkunde fordern.

Um Akzeptanz am Markt, das Vertrauen der Anleger und den Schutz vor Missbrauch zu sichern, hält der BVI es weiterhin für notwendig, dass hinreichende Marktstandards für elektronische Wertpapiere geschaffen werden. So setzt sich der BVI als Mitglied der International Token Standardization Association für die Einführung einer International Token Identification Number („ITIN“), die vergleichbar mit der ISIN für klassische Wertpapiere sein und damit einen einheitlichen Identifikationsstandard bieten soll. Zudem fordert der BVI einen Legal Entity Identifier („LEI“), über den der Emittent identifizierbar sein soll.

In Bezug auf die Registerführung stellt der BVI fest, dass eine manipulationsfreie Registerführung nur dann möglich ist, wenn die Registerführung von einer staatlichen oder unter staatlicher Aufsicht stehenden Stelle übernommen werden würde. Nicht in Betracht käme die Führung des Registers durch den Emittenten. Für die Registerführung geeignet wären hingegen Kreditinstitute und Kapitalverwaltungsgesellschafen, die die Verwaltung von Fondsanteilen auch nach geltender Rechtslage als Nebendienstleitung erbringen können.

Für die Verwahrung der elektronischen Wertpapiere hingegen müssten jedoch erst die rechtlichen Voraussetzungen für die Verwahrstelle geschaffen werden, da die Verwahrung nach dem Eckpunktepapier nicht mit der Dokumentation im Register gleichgesetzt werden kann.

Als unbedenklich sieht der BVI den Zugang zu elektronischen Wertpapieren auch für Privatanleger, da schon die geltende Regulierung für Publikumsfonds geeignet sei, das Anlegerrisiko zu verteilen und gegenüber einer Direktanlage zu reduzieren. Damit stellt sich der BVI gegen den Regulierungsvorschlag im Eckpunktepapier, den Erwerberkreis von elektronischen Wertpapieren auf institutionelle/qualifizierte Anleger zu beschränken.

Banken für zivil- und aufsichtsrechtlich gleichgestellte elektronische Wertpapiere

Auch die DK spricht sich für die Anerkennung von elektronischen Wertpapieren neben klassischen Wertpapieren und für die regulatorische Gleichbehandlung beider Varianten aus.

Zivilrechtlich hält die DK es, anders als das Eckpunktepapier, für möglich, dass die Registrierung nicht nur die Urkunde ersetzt und somit der Dokumentation dient, sondern Registerführung und Verwahrfunktion durch eine Stelle übernommen werden können. Dann müsste die Registerführung den rechtlichen Anforderungen an einen Verwahrer genügen und vor allem auch Übertragungen des elektronischen Wertpapiers ermöglichen.

Bezüglich der Verwahrung konstatiert die DK weiterhin, dass sich ein auf der Blockchain-Technologie basierendes Register als verteiltes Register in seiner Struktur maßgeblich von der Struktur eines traditionellen zentralen Registers unterscheidet. So sei es erforderlich, sich aufgrund der technisch anderen Funktionsweise damit zu beschäftigen, wie u.a. die Identitätsprüfung, Marktintegrität und Anti-Geldwäsche zu gewährleisten sind. Dies gelte vor allem dann, wenn diese Aufgaben nicht mehr wie bisher von den Intermediären übernommen werden sollen oder können.

Offenbar Gesetzesentwurf zu elektronischen Schuldverschreibungen schon Mitte des Jahres

Angesichts der schnelllebigen Blockchain-Branche fordern auch die Fachpolitiker ein schnelles Vorgehen der Bundesregierung und gehen nun sogar von einem Gesetzentwurf zu elektronischen Schuldverschreibungen bereits im Juli bzw. August 2019 aus. Ursprünglich sollte die Blockchain-Strategie der Bundesregierung im September dieses Jahres präsentiert werden. Es könnte dazu kommen, dass der Gesetzentwurf – getreu dem Motto „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ – als erste Umsetzung gleich zusammen mit der Blockchain-Strategie präsentiert wird.

Inhaltlich soll insbesondere eine anlegerfreundliche Abwicklung von elektronischen Schuldverschreibungen durch Einschaltung von Notaren im Gesetzentwurf stehen. Danach sollen Investoren im „Use Case“ Immobilien nicht mehr direkt Eigentum an den Immobilien erhalten, sondern für ihr Kapital im Gegenzug Token (eben die elektronischen Schuldverschreibungen) mit z. B. jährlichen Zinszahlungsrechten (die aus den Immobilienerträgen stammen) erhalten. Zahlt der Emittent nicht, sollen Token-Inhaber die Token an einen Notar übertragen können, der sodann eine Urkunde erstellt bzw. dem Emittenten zustellt (hiermit könnte eine Urkunde ähnlich § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gemeint sein), mit der Token-Inhaber z. B. Konten des Emittenten (oder weiterer „Gewährsleute“) pfänden können sollen. Hierdurch sollen (langatmige und aufwendige) Prozesse vermieden werden.

Ausblick

Die Schaffung von elektronischen Wertpapieren wird von der Fonds- und Bankbranche eindeutig begrüßt – auch wenn noch einige Regelungsbereiche hinzukommen bzw. detaillierter ausgestaltet werden sollten. Die Stellungnahmen werden dabei fast schon von einem Gesetzentwurf überholt, der in zwei bis drei Monaten zu elektronischen Schuldverschreibungen vorliegen soll. Damit elektronische Wertpapiere den praktischen Bedürfnissen entsprechen, sollte ein Gesetzesentwurf nach Meinung der Fonds- und Bankbranche auch Regelungen zur Übertragung und Verwahrung beinhalten. Auch die Politik „tritt aufs Gas“. Die ersten durchgesickerten Vorschläge sollen eine anlegerfreundliche Abwicklung von elektronischen Schuldverschreibungen (sprich Token) ermöglichen – und dazu ein Notar eingeschaltet werden.

Zudem sollten auch Aktien – nicht nur fremdkapitalbasierte Wertpapiere – als elektronische Wertpapiere rechtlich möglich gemacht werden. Denn vor allem in der alternativen Finanzierungsbranche zeigt sich ein Trend hin zu STOs mit wertpapierähnlichen Token. Würde der Anwendungsbereich auf Aktien erweitert, profitierte folglich nicht nur die Fonds- sondern die gesamte (alternative) Finanzierungsbranche von der Schaffung elektronischer Wertpapiere.