+++ UPDATE: Post-Brexit-“Übergangserlaubnis” – aber nur für Big-Player des Finanzmarktes +++


Am 29. März 2019 soll das Gesetz über steuerliche Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union – das Brexit-Steuerbegleitgesetz ("Brexit-StBG") – in Kraft treten. Das Brexit-StBG soll einen harten Brexit für die Finanzmärkte "abfedern". Derzeit liegt hierzu der Regierungsentwurf vor. Danach kann die BaFin wohl nur für "Big-Player" der Banken- und Finanzdienstleistungsbranche anordnen, dass sie bis 2020 weiter von dem Passport (nach Deutschland) Gebrauch machen können; nicht aber kleinere Unternehmen. Diese werden mit dem Brexit (nach derzeitigem Stand voraussichtlich ab dem 30. März 2019) wohl eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ("BaFin") benötigen, um in Deutschland weiterhin Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen erbringen zu dürfen.

15. Februar 2019 Wir gehen nicht so weit, dass der Bundesrat diesen FinTech-Blog liest – dennoch wurde auch vom Bundesrat erkannt, dass der Entwurf des Brexit-StBG lediglich für Banken und Finanzdienstleister und nicht für die Payment-Branche gelten soll.

Daher veröffentlichte der Bundesrat nun eine Vorlage für eine Empfehlung an den Bundestag, nach der auch Anbieter von Zahlungsdiensten und E-Geld-Geschäft in die Übergangsregelung einbezogen werden sollen. Diese wären insbesondere u. a. für hiesige Start-Ups und FinTechs relevant, die derzeit mit Payment-Dienstleistern aus UK zusammenarbeiten. Auch EU-Unternehmensgruppen solle ermöglicht werden, die Payment-Aktivitäten von ihren UK-Töchtern auf EU-Töchter zu verlagern.

Die Empfehlung soll heute in der Bundesratssitzung beschlossen werden. Mit einer kurzfristigen Ergänzung durch den Bundesrat kann gerechnet werden, sodass auch die Payment-Branche auf eine Übergangsregelung berechtigt hoffen darf.

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Bisher können Unternehmen mit Sitz in UK ohne Erlaubnis der BaFin in Deutschland Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen erbringen, wenn sie von der Financial Conduct Authority (“FCA“) eine Erlaubnis erhalten haben und beaufsichtigt wurden (die sogenannte “Passport-Regelung”).

Dies ist Ausfluss der EU-Dienstleistungsfreiheit und in Deutschland in § 53b Abs. 1 S. 1 Kreditwesengesetz (“KWG“) geregelt. Von dieser Vorschrift werden Unternehmen mit Sitz in UK in naher Zukunft nicht mehr profitieren können. Dies aus einem einfachen Grund: UK wird nach dem Brexit nicht länger Mitglied der EU sein.

Jedoch dürfte dies nicht für alle Finanzplayer gelten. Die BaFin soll nach einer Regelung im Entwurf des Brexit-StBG (das den Brexit für den deutschen Finanzmarkt “abfedern” soll) bislang mit Passport tätigen britischen Kreditinstituten oder Finanzdienstleistern gestatten dürfen, ihre Tätigkeit für einen Übergangszeitraum bis spätestens Ende 2020 in Deutschland fortzuführen. Dies allerdings nur unter zwei Voraussetzungen:

  • Zum einen muss die Tätigkeit der Unternehmen in einem engen Zusammenhang mit Verträgen stehen, die zum Austritts-Zeitpunkt bereits geschlossen worden sind.
  • Zum anderen muss die Erteilung einer solchen “Übergangserlaubnis” erforderlich sein, um Nachteile für die Funktionsfähigkeit oder Stabilität der Finanzmärkte abzuwenden.

Ein enger Zusammenhang mit zum Zeitpunkt des Brexits bereits bestehenden Verträgen soll etwa dann vorliegen, wenn die Tätigkeit mit dem Vertrag rechtlich oder wirtschaftlich verbunden ist. So zählen etwa wirtschaftlich übliche Folgegeschäfte (wie etwa Prolongationen) oder die Ausübung vertraglich eingeräumter Rechte (wie etwa Optionen oder Wandlungsrechte) zu den erfassten Tätigkeiten.

Ein Nachteil der Funktionsfähigkeit und Stabilität soll insbesondere zu befürchten sein, wenn ohne die Erteilung der “Übergangserlaubnis” Verträge mit “sehr großen Geschäftsvolumina” abgewickelt werden müssten. Als Beispiel werden Großverträge im Derivatebereich angeführt.

Der Abwicklung von Verträgen mit vergleichsweise geringem Geschäftsvolumen soll folglich keine besondere Relevanz im Hinblick auf die Gefährdung der Stabilität der Finanzmärkte zukommen. Auch soll die BaFin die Anwendung der Übergangsregelung  “auf einzelne, besonders betroffene Aufsichtsbereiche wie etwa Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Derivategeschäften” beschränken und von Auflagen abhängig machen können.

Mit anderen Worten: Nachteile für die Funktionsfähigkeit oder Stabilität der Finanzmärkte sind nur dann zu befürchten, wenn besonders viel Geld im Spiel ist – insbesondere im Zusammenhang mit Derivategeschäften. Daher werden regelmäßig wohl nur die Big-Player des Finanzmarktes – also wirtschaftlich besonders starke Unternehmen – von der “Übergangserlaubnis” durch die BaFin profitieren können.

Kleinere Institute oder Finanzdienstleister – wie insbesondere FinTech-Unternehmen  – werden daher wohl keine Nutznießer der Übergangsregelung sein. Um auch nach dem 30. März 2019 Finanzdienstleistungen in Deutschland erbringen zu dürfen, werden Unternehmen, die nicht zu den “Großen der Finanzmarktbranche” zählen, somit voraussichtlich eine Erlaubnis der BaFin benötigen (§ 32 Abs. 1 KWG). Auch sind Unternehmen der Payment-Branche nicht von der Übergangsregelung erfasst.

Der Bundesrat wird ab dem 31. Januar über die Zustimmung zum Brexit-StBG beraten. Der Bundesrat hat bereits im Rahmen anderer Stellungnahmen signalisiert, dass dringender Handlungsbedarf in Sachen Brexit gesehen werde, sodass mit einer zeitnahen Verabschiedung gerechnet werden kann.

Nicht nur Deutschland, sondern auch andere EU-Mitgliedsstaaten bereiten sich auf die möglichen Folgen eines (ungeregelten) Brexits vor. U. a. in Schweden und Italien befinden sich ähnliche “hard-Brexit-Gesetze” auch im Gesetzgebungsverfahren und sollen voraussichtlich – wie das Brexit-StBG – zum 29. März in Kraft treten.